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Des Blödsinns zweiter Teil

Nachdem ich in meinem ersten Artikel berechnet habe dass das Speicherproblem von Erneuerbaren Energien mit konventioneller Technik nicht zu lösen ist - wo soll man bitte 3.300 km³ Wasser für 10 Tage hintun? - habe ich der Vollständigkeit halber mal das Lieblingskind der Tagespolitik, den Wasserstoff recherchiert.

Und leider sieht das so doll auch nicht aus. Der Wasserstoffzyklus besteht im wesentlichen aus drei Elementen: die Elektrolyseanlage, ein Speicher und dann muss man den Wasserstoff wieder zu Strom machen. Es gibt tatsächlich schon in Wunsiedel in Bayern eine Elektrolyseanlage die aber zur Zeit stillsteht weil sie sich nicht rechnet. Für das Konzept gibt es eine sehr ausführliche Untersuchung des Fraunhofer-Instituts und demnach liegen die erwarteten Kosten für eine Großanlage 2030 bei etwa 400-500 Euro pro kW, also etwa 0,5 Millionen pro Megawatt Eingangsleistung - das ist noch erstaunlich günstig.

Das Problem beim Wasserstoff ist aber die Effizienz des Kreisprozesses. Wasserstoff hat einen Energiegehalt von 33 kWh/kg, die Vorhersagen für den Wirkungsgrad brauchen aber 48-53 kWh für die Erzeugung von 1 kg Wasserstoff, also 62-68% Wirkungsgrad. Und bei der Rückumwandlung gibt es zwei Möglichkeiten: Gas-Dampfkraftwerk (was jetzt als "Wasserstoff-ready" angepreist wird) oder Brennstoffzelle. Bei der Verbrennung haben wir das Problem dass wir zwar kein CO2 produzieren, durch die Verbrennung in Luft aber immer noch die allseits beliebten Stickoxide (Luft besteht eben zu 2/3 aus Stickstoff). Der Wirkungsgrad eines kombinierten Gas-Dampfkraftwerks liegt bei etwa 60% (reines Gaskraftwerk nur 39%). Ich hatte ja deshalb Pumpspeicher genommen weil die einen höheren Wirkungsgrad haben und ich diesen vernachlässigt habe. Ups, der liegt auch nur bei 75 - 80% ...

Die Angaben für Brennstoffzellen variieren bösartig. Neben Strom (den wollen wir ja) produzieren diese auch Wärme. Für den elektrischen Wirkungsgrad findet man Zahlen irgendwo zwischen 30 und 60%. Das grenzt an Kaffeesatzleserei also bleiben wir beim Gaskraftwerk für die Berechnung.

Für den Kreisprozess also grob 40% oder umgerechnet muss man 2,5 kWh Energie aufwenden um nachher wieder 1kWh herauszubekommen. Damit multiplizieren sich auch die Kosten für die Elektrolyseanlage auf 1,5 Millionen pro MW. Plus die eine Million pro MW für das Gaskraftwerk. Aus den Zahlen in dem Vorartikel kann man die Größenordnung entnehmen dass eine Million pro MW Installationskosten etwa einen Cent pro Kilowattstunde am Strompreis ausmacht. Dazu kommen noch die Speicherkosten von etwa 1,5 Cent pro kWh (Wasserstoff-Speicher mal Kraftwerk-Wirkungsgrad). Wobei ja prinzipiell die laufenden Kosten höher sind weil die Auslastung ja nur 1/4 beträgt - entweder man speichert aus oder ein und man kann ja nur die Spitzen verarbeiten, nicht die mittlere Last.

Deshalb und bei aller Liebe: es kann nicht gehen. Zu den kalkulierten 180.000 Windkraftanlagen kommen noch die die nur die Verluste auffangen und es wird auch noch teurer - wenn man alles zusammenrechnet vielleicht 15 Cent pro Kilowattstunde? Im Prinzip ist das Mord am Wirtschaftsstandort Deutschland.

Denn: schaut man hingegen in die verschiedenen Projekte zu massenproduzierbaren Gen. VI Reaktoren (es gibt mindestens ein halbes Dutzend) die zum Teil noch vor dem Ende des Jahrzehnts den Prototyp stehen haben wollen und dann mehr oder weniger sofort in die Massenfertigung gehen können dann findet man Angaben von 2 Millionen pro MW - oder weniger. Selbst mit der Wiederaufarbeitung und der Entsorgung wäre das lächerlich günstig im Vergleich zu unserem deutschen Sonderweg. Das Argument ist sehr stichhaltig: Die Technologie und der Materialbedarf ist nicht viel anders als die eines Kohlekraftwerks, bei viel geringeren Brennstoffkosten.

Gut, meine Zahlen sind alle nur grob abgeschätzt und ich würde mich wirklich freuen wenn eine unabhängige Institution das mal wissenschaftlich durchrechnet, aber von den Größenordnungen allein kann man sagen dass die Deutschen es mal wieder geschafft haben absoluten Blödsinn zu fabrizieren.

Ich sage nicht dass man Wind- und Solarenergie als nettes Zubrot nicht mitnehmen sollte - bei der reinen Erzeugung sind diese ja wirklich konkurrenzfähig bei 4-9 Cent / Kilowattstunde. Nur als Standbein ohne Erdgas für den Lastausgleich kann man die einfach vergessen. Zu teuer, zu großer Flächenbedarf, zu schlechte Auslastung / Verfügbarkeit, zu schlechter Speicher-Wirkungsgrad.

Und bei meinen ganzen Speicher-Berechnungen bin ich ja 'nur' von 50 Stunden ausgegangen - danach würde es dunkel was auch keine sehr verlockende Vorstellung ist.

Die Herausforderung alle Prozesse von fossilen Energieträgern auf Elektrizität umzustellen ist ja schon groß genug. Siehe die aktuelle Diskussion über Heizungen - warum wird nicht über Fernwärmenetze gesprochen? Das dann auch noch mit einer auf den Rücken gebundenen Hand zu machen weil man den einzigen grundlastfähigen Energieträger der nicht auf Verbrennung beruht nicht haben will? Wahnsinn.

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Kommentare

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Georg hauser am :

.....Kalkulierte 180.000 WKA ..... welche Leistung pro WKA ?
Um alle beabsichtigten Abschaltungen rein leistungsmäßig zu ersetzen bei 25% Auslastung (2022 waren es gerade mal 19%) sind 32.000 WKA je 5 MW erforderlich - welche nicht aufstellbar sind weil laut Bundesumweltamt nur ca. 0,5% Landesfläche geeignet sind (die restlichen verfügbaren Flächen haben zu wenig Windaufkommen !) Natürlich müssten je Tagesvorhalt etwa 1.000 GWh gespeichert werden bei aktuell ca 1.500 GWh Tageslast.
Wind&PV sind bei der mageren Auslastung von 25% bzw

Stephan Brunker am :

Wenn man davon ausgeht, dass im Winter Solar praktisch nicht zur Verfügung steht und politisch keine Alternativen gewollt sind, haben wir 100% Windkraft. Bei einem Primärenergieverbrauch (alle bisherigen Energieträger) von ~2.500 TWh ist das eine Durchschnittsleistung von 286 GW. Das geteilt durch die 25% Ausbeute ergibt ungefähr 190.000 Anlagen zu je 6 MW Nennleistung.

Diese haben 160 Meter Rotordurchmesser, bei einem Abstand untereinander des vierfachen davon sind das 0,4 km² pro Anlage. Mal 190.000 sind das ~ 78.000 km². Die Gesamtfläche der Bundesrepublik sind 357.588 km², also 21,7%. Die Hoheitsgewässer sind da wohl schon drin. Das Offshoregebiet dazuzunehmen macht nicht so viel aus, die AWZ ist auch nur 33.000 km² groß.

Es kann also nicht funktionieren. In der Überschlagsrechnung ist das Speicherproblem ja noch gar nicht drin, der Wirkungsgrad des Speicher - Entspeicherprozesses liegt ja siehe oben nur bei ca. 40% und man wird mindestens ein Viertel der Gesamtleistung zwischenspeichern müssen.

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