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Oculus Rift

Ich hatte mir vor einiger Zeit einen PC selbst zusammengebaut, um Hauptwerk, speziell die Rotterdamer Orgel darauf laufen lassen zu können, was bedeutete ein besonders leises Gehäuse/Kühler, einen I7 4790K und 32GB RAM. Als ich dann über den Microsoft Flugsimulator gestolpert bin, habe ich in den Computer dann auch noch eine ordentliche Grafikkarte (Geforce 1070 mit 8GB) eingebaut. Auf den Werbeseiten des Grafikkartentreibers war von VR Spielen die Rede, deshalb hatte ich in der Folgezeit immer mal wieder ein Auge darauf. Mehr oder weniger ungezielt habe ich mich Ende November dann entschlossen eine Oculus Rift zu kaufen, in Verbindung mit The Climb.

Virtual Reality Erlebnis

Das erste Fazit: VR ist einfach nur cool. Als ich für die Weihnachtseinkäufe in Trier war, habe ich mich wirklich gewundert, warum die Kunden in den Mediamärkten die Dinger nicht palettenweise raustragen - stattdessen sind die Brillen noch nicht im Massenmarkt angekommen. Dabei ist die Oculus Rift schon ziemlich ausgereift und mit 449€ auch erschwinglich, ein guter Monitor kostet ja in etwa genauso viel. Bei der Einrichtung habe ich mich erstmal selbst ein paar Tage blockiert, denn ich habe an der Grafikkarte den HDMI-Ausgang nicht gefunden und dachte, diese hätte vier Displayports. Erst nachdem der neu bestellte HDMI-auf-Displayport-Adapter nicht funktioniert hat habe ich mir die Beschreibung nochmal durchgelesen und festgestellt, das sich hinter dem dritten gleich aussehenden Stopfen der Grafikkarte tatsächlich ein HDMI verbirgt. Die Einrichtung war dann ziemlich problemlos und schon die Einführung ist einfach nur cool: Die Touchcontroller werden als die virtuellen Hände dargestellt, sie sind genau da wo die Hände sein müssten und machen auch genau das was die Hände machen - greifen, zeigen ... Und alles noch in 3D.

Rift und Brille

Nach drei Wochen Benutzung zeigt sich jedoch ein Wermutstropfen: Wenn man wie ein echter Nerd auch Brillenträger ist, gibt es Probleme. Normalerweise ist mir dieses Handicap gar nicht mehr bewußt, die Brille setze ich morgens als erstes auf und abends als letztes ab, deshalb habe ich mich vorher nicht deswegen schlau gemacht. Es heißt auf der Oculus-Seite, das bis zu einer gewissen Größe Brillen gehen würden. Von der Größe ist das auch kein Problem, die Brille passt unter die VR-Brille und im Prinzip auch noch vor die Linsen. Ich hatte dabei auch den Link zu vr-lens-lab.com gefunden, dort gehen die Stärken aber bis 8 Dioptrien, ich brauche aber 8,5. Es heißt zwar dort, das man andere Stärken anfragen kann, aber auf die Anfrage habe ich bis jetzt noch keine Antwort erhalten. Außerdem gibt es kein Impressum, und die whois-Abfrage führt nur zu einer Hostingfirma auf den Bahamas. Also nicht sehr vertrauenserweckend wenn per Vorkasse gezahlt werden soll. Nun also zu "im Prinzip". Es heißt, das man darauf achten soll, dass sich Brille und Linsen nicht berühren sollen, aber wie soll man das prüfen? Der einzige Anhaltspunkt war ein Gefühl auf der Nase, das von der Reibung von Glas auf Glas stammen könnte. Aufgrund der Reflexionen in der Linse war es auch erstmal nicht zu sehen, ob es Kratzer gibt. Ich habe aber auch gehofft, dass bei der Reibung von glattem Glas auf glattem Glas nichts passiert .. leider jetzt die Gewissheit: die beiden Vergütungsschichten sind schon weg und es gibt matte Stellen. Mist. Ich hätte es mir auch denken können, das meine Brille nicht von allein so dicht an die Augen gedrückt wird, dass die Augenbrauen die Innenseite verschmieren. Weil sich im www nichts finden lässt, habe ich an den Oculus-Support geschrieben ob man die Linsen tauschen/reparieren lassen kann. Die Gläser meiner Brille waren zwar auch erst zweieinhalb Jahre alt, aber auch so schon ziemlich verkratzt. Irgendwie hatte ich im Laufe der Jahre mehr oder weniger kratzfestere, jedenfalls kann man das noch irgendwie unter "abgeschrieben" verbuchen. Jetzt muss ich nur zuerst zum Optiker, schauen ob die Stärke noch stimmt, dann bei vr-lens.de es nochmal mit Vorsatzlinsen für die Rift probieren (diesmal von deutschem Optiker), dann die Gläser in Brille und Rift tauschen lassen. Dachte ich. Den Oculus-Support kann man aber voll in der Pfeife rauchen, der ist praktisch nicht existent. Zwar gibt es jemanden, der dir nett antwortet, aber machen tut der gar nichts. Man kann oder will nämlich nichts reparieren und damit ist das schon bei leichten Schäden ein Wegwerfartikel und dafür zu teuer. Das ist ein dicker, dicker Minuspunkt.

VR Roomscale

Nachdem das VR-Erlebnis schon so gut funktioniert hat, greift wie immer die Neugier, inwieweit man das ganze noch optimieren kann. In diesem Fall heißt das: 360° Tracking und den Spielbereich maximal vergrößern. Es gibt keine wirklichen Angaben im Netz und bei Oculus, wie weit das geht, es heißt nur, das die beiden vorderen Sensoren möglichst weit auseinander sein sollen (3 Meter). Im Endeffekt hängt das Resultat einfach davon ab, was die Einrichtungsroutine noch akzeptiert. Nach einem Abend herumprobieren bin ich bei der Ausrichtung der Sensoren an den drei Ecken eines Rechtecks von 2,7 x 2,9 m (und damit knapp vier Meter in der Diagonalen) gelandet, also nur 270 cm zwischen den vorderen Sensoren, mehr akzeptiert er einfach nicht.

Oculus Rift 360° tracking Sensor Setup
Oculus Rift 360° tracking Sensor Setup
Oculus Rift Guardian Zone
Oculus Rift Guardian Zone

Was ebenfalls einer Erwähnung wert ist, die die dafür nötige Verlängerung der Kabel. Beim dritten Sensor ist ein aktives 5 Meter USB2.0-Kabel dabei, das ist lang genug. Für die Kabel der Rift zu verlängern muss unterschieden werden zwischen dem USB-Kabel und dem HDMI-Kabel. Es steht zwar überall, dass es sich um USB3.0 handelt, das scheint aber eine Ente zu sein: In der Systemsteuerung ist die Verbindung als 2.0-Hub angegeben und damit ist es unkritisch, selbst mit einem 3-Meter USB2.0-Kabel. Beim HDMI-Kabel ist die Rift etwas pingelig, da funktioniert nicht jedes und jetzt weiß ich auch, warum es 5€ und 15€-Kabel gibt. Letzteres ist zertifiziert und dreifach geschirmt und funktioniert, ersteres nicht.

VR Apps

Zuerst muss gesagt werden, dass Facebook/Oculus mit den Preisen eine ziemliche Sauerei veranstaltet. Ich habe ja nichts gegen Sonderangebote, aber das geht zu weit. Habe ich die Rift für 449€ und The Climb für 49,99€ gekauft, so gibt es jetzt beides zwischenzeitlich für 419 und 9,99!!€. Mit anderen Worten: ich wurde um 70€ betuppt und das kann ich nun mal gar nicht leiden. Als Kaufmann weiß ich ja selbst genau, dass ein Preis nichts in Beton gemeißeltes ist, aber bei einem solchen auf und ab verliert man die Glaubwürdigkeit total. Auch hier ist der Support ein totaler Reinfall. Noch dazu kommt, dass man ja nicht mal seine gekaufen Lizenzen aufgrund des geschlossenen Systems weiterverkaufen kann wenn man die Schnauze voll hat, da diese personenbezogen sind. Das ist ein zweiter ganz dicker Minuspunkt. Den einzigen Tipp, den ich dazu geben kann: Immer ein Auge auf die Sonderangebote haben. Die Rift steht zum Beispiel im Moment bei Oculus wieder bei 449€, dafür bei MediaMarkt aber bei 399€. Und die Daily Deals bei den Apps rotieren so ziemlich durch. Man sollte nur aufpassen, da Daily nicht von Mitternacht, sondern irgendwann im Nachmittag zählt/abläuft. Hier die Liste der Apps die ich bisher probiert habe:

  • Oculus First Contact: Das Einführungsprogramm startet nach dem Touch-Controller Tutorial automatisch und ist für denjenigen, der noch nie mit VR zu tun hatte, schon ein Erlebnis: Man steht in dem Wohnwagen, kann die Sachen anfassen und mit ihnen interagieren ... zum Kennenlernen echt super
  • Oculus Dreamdeck besteht aus fünf virtuellen Umgebungen und ist eigentlich nur eine Demo zum angucken. Rentiert den Speicherplatz nicht wirklich
  • Mountain Goat Mountain - ist zwar nur eine portierung eines Handy-Jump (ohne Run)-Games, aber hat irgendwie Suchtfaktor in 3D. Man kann wirklich nach oben schauen, wie es weitergeht.
  • Mission:ISS ist für den kostenlosen Einstieg ebenfalls eine nette Stunde. Hier lernt man vor allem, wie man sich durch Greifen und Ziehen in einer schwerelosen Umgebung fortbewegt.
  • Robo Recall gibt es als kostenlose Zugabe zu den Touch-Controllern und macht tierisch Spaß - Ballerspiel eben. Die Inmersion, also das Gefühl, wirklich am Ort des Geschehens zu sein ist schon enorm und war auch der Grund, warum ich auf 360°-Tracking ausgebaut habe. Auch wenn es nur drei Schauplätze mit je drei Leveln gibt, kann man diese doch immer wieder spielen um weitere Herausforderungen zu meistern, die dann bessere Ausrüstung freischalten.
  • The Climb Auch sehr gut gemacht. Ich habe selbst schon geklettert und wenn man mal davon absieht, das man im realen Leben vor allem darauf achtet wo man die Füße hinsetzt und sich ein Rastpunkt eben dadurch auszeichnet, das man seine Arme am besten komplett entlasten kann (im Spiel geht das sogar freihängend im Überhang, autsch..) ist das Gefühl mit den Touch-Controllern schon sehr realistisch. Die Optik auch. Nur würde ich jetzt keine 49,99€ mehr dafür bezahlen, das war zu viel.
  • The Wizards Das war dann ein Schnäppchen aus den Daily Deals für 9,99. Als Early Access noch nicht ganz ausgereift, aber schon recht vielversprechend, je nachdem wieviel Content noch kommt. Die Idee, Zaubersprüche abhängig von den Handbewegungen abfeuern zu können, hat auf jeden Fall schon was für sich.
  • FlyInside FSX - das gehört streng genommen nicht zum Oculus-Universum, aber ist auf jeden Fall eine Überlegung wert. Wer sich mit dem Microsoft Flugsimulator X befasst hat - es bekommt in der VR eine völlig neue Dimension. Ist zwar auch noch in Entwicklung und stürzt immer wieder mal ab, weil der Output des FSX (den irgendjemand damals geradezu prophetisch in 3D hat generieren lassen) mit Overlays versehen und in die Rift eingespeist wird. Es wird aber weiter daran gearbeitet und das ist auch einfach nur cool. Dafür nimmt man dann auch die niedrigere Auflösung in Kauf, denn es wird ein effektiv größeres Bild gerendert (stand irgendwo was von 3600 Pixeln) um daraus die VR zu erzeugen und das geht dann eben nur mit weniger Detail. Ich bin bei der Framerate nicht so anspruchsvoll, mir reichen in der VR schon so um die 50 (empfohlen werden 70) fps. In 2D braucht man halt weniger Gesamtpixel und weniger fps für ein deutlich realistischeres Bild am Monitor. Das Erlebnis ist trotzdem viel intensiver und manchem wird bestimmt dabei schlecht (mir nur bei Abstürzen, da kann ich nicht hinsehen). Es stellt sich wirklich das Gefühl ein, in dem Flieger zu sitzen (mann sind die klein) und wenn man über das Armaturenbrett auf die Landebahn schauen will, dann kann man das auch. Wenn man mit dem Segelflieger in der Thermik kreist, weiß man auch das großzügige Sichtfeld der Rift zu schätzen, denn zumindest ich schaue dabei mehr peripher als geradeaus und dabei stellt sich kein allzu großer Schlüsselloch-Effekt ein.

Gesamtfazit

Die Drei Dicken Minuspunkte - Brillenträgereignung, Reparaturmöglichkeiten und Preis- Systempolitik drücken klar das Endergebnis. Technisch ist VR ein tolles Erlebnis und in der derzeitigen Form auch zweckerfüllend. Es wird wohl noch ein paar Jahre dauern bis sich die Rechnerleistung und TFT-Miniaturisierung soweit verdoppelt hat das man die dpi verdoppeln (und damit die Gesamtpixel vervierfachen) kann, das ist dann nochmal eine Evolution wenn man das Pixelraster nicht mehr sieht. Bis dahin würde ich die Rift aber nochmal kaufen und ich werde hier auch ein Update machen wenn ich die Korrekturlinsen habe. Und ich warte noch, bis Dirt Rally wieder in den Deal kommt, für 12,99 ist das auch ein Kauf, ich brauche aber noch ein Lenkrad und Pedale dafür. Im realen Leben bin ich kein so doller Autofahrer, warum also nicht in der VR losbrettern? Es wird sich auch auf dem Spielmarkt noch einiges tun wenn die "großen" Titel gezielt hin auf VR geschrieben werden. Bis dahin bekommt so ziemlich jedes, auch längst tot geglaubte Genre wieder eine völlig neue Dimension, wörtlich und sprichwörtlich genommmen. Das es im Moment nicht so viel Content gibt ist zumindest für mich nicht sonderlich schlimm, da ich sowieso das chronische INTJ-Zeitproblem (überquellende ToDo-List) habe und deshalb sowieso nur ab und zu mal in virtuelle Sphären abdrifte.

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