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Voll in die Fresse

Zwei der letzten Blogartikel haben mir etwas vor Augen geführt was mich praktisch schon mein Leben lang begleitet, aber erst jetzt wurde es mir offensichtlich: Mit mir diskutiert niemand. Normalerweise bedeutet eine Diskussion ja, dass man die Position des Gegenübers angreift in dem man seine Argumente entweder widerlegt oder zeigt dass sie in der Situation nicht anwendbar sind. Nur ... bei mir macht das keiner.

Wenn jemand meine Argumente nicht mag, dann greift man mich stattdessen persönlich an. Das war so bei diesem Kommentar über die Panzerhaubitze, wo man mich als "Glatter" bezeichnet hat und ich keine Ahnung haben darf weil ich nicht gedient hätte. Was an der Gültigkeit meiner Argumente aber überhaupt nichts ändert. Und dasselbe ist passiert auf meine Nachricht wegen der leeren Partnerbörsen-Profile: Hier wird mir quasi vorgeworfen ich hätte meine vorherige Beziehung vernachlässigt, deshalb selbst schuld an meinem Single-Dasein und wenn ich so was verfasse müsse ich ja noch sehr lange angemeldet bleiben.

Mit anderen Worten: Wenn einem die Argumente des anderen nicht gefallen und ich sie nicht widerlegen kann, dann haue ich ihm halt eins in die Fresse.

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Auch sehr beliebt ist die Methode die ich als Antwort auf einen Youtube-Kommentar bezüglich Trump und den Geheimdokumenten bekommen habe: "Ja, aber der andere hat ...". Die eigenen Verfehlungen werden kleingeredet oder gleich ganz als erfunden bezeichnet und stattdessen soll die andere Seite etwas viel schlimmeres gemacht haben. In dem Fall: Biden hätte mit dem chinesischen Geheimdienstchef gesprochen und mit Putin einen Rohstoffdeal abgeschlossen, während das FBI versucht mit gefälschten Beweisen Trump etwas anzuhängen.

Und zu guter Letzt hätten wir doch die Standpunktsverdreher, in dem Fall bezüglich Russland. Es war natürlich alles in Ordnung und begründet: Putin unterdrückt die Tschetschenische Unabhängigkeitsbewegung und die in Syrien um die eigene territoriale Souveränität und die des Verbündeten zu verteidigen und unterstützt die Unabhängigkeit von Ossetien und dem Donbass weil die Bevölkerung dort unterdrückt wird. Das Problem dabei ist nur: Vom Prinzip her ist Recht blind gegenüber den handelnden Personen. Und wir haben hier einen Widerspruch der sich nur dadurch auflösen lässt dass Putin immer recht hat. Entweder ist es rechtens die Souveränität zu verteidigen - dann war Tschetschenien und Syrien rechtens, macht aber Georgien und den Donbass illegal. Oder unterdrückte Minderheiten haben ein Recht auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit - dann werden Tschetschenien und Syrien illegal. Selbst wenn man ein neues Völkerrecht schreiben könnte ist es absolut unmöglich das so zu formulieren dass beides rechtens ist. Das geht nur wenn man den Standpunkt passend zur Situation dreht.

Niemals diskutiert man mit mir auf der Basis logischer Schlussfolgerungen aus erwiesenen Fakten nach einem in sich konsistenten Regelschema. Entweder ablenken oder verdrehen oder gleich persönliche Tiefschläge verteilen.

Ich habe mir extra nochmal meinen Text bezüglich des leeren Partnersuche-Profils durchgelesen: Er war zwar scharf formuliert, aber ich wurde nicht persönlich. Belehrend ja, aber nicht herabwürdigend. Ich glaube das ist ein wesentlicher Unterschied in der Diskussionskultur. Es gehört zu den angeblichen Widersprüchen zu den INTJ-Stereotypen, dass wir stur sind - das ist aber eine Falschinterpretation. Es ist im Gegenteil wahrscheinlich einfacher einen INTJ zu überzeugen als die allermeisten anderen Typen: man muss nur mit dem Beweis oder beweisbaren Argument kommen dass eine der Annahmen des INTJ falsch ist oder - noch einfacher - er etwas übersehen hat. Dadurch dass man eben in den meisten Fällen nicht emotional an seiner Position hängt ist diese auch einfach aufzugeben. Eine Ausnahme ist wenn der INTJ in einer Ni-Fi-Schleife hängt. Wie der Name schon sagt ist der INTJ dann eben nicht mehr rational.

Es ist einfach nachzuvollziehen: wenn man sowieso so furchtbar selbstkritisch ist, dann geht man sowieso davon aus dass man falsch liegt oder einen Fehler gemacht hat. Und es macht keinen Sinn weiter auf einer Position zu beharren wenn man selbst weiß dass sie nicht haltbar ist.

Aber woher kommt der Eindruck der Sturheit? Weil eben wegen dieser Selbstkritik unsere Argumente eben in der Regel so gut sind dass sie nicht zu widerlegen sind. Wenn ich als "Teufelsadvokat" eine Position vertrete die schwach ist dann sage ich das oft direkt offen dabei. Es ist genau so wie mit meiner Position zu dem ganzen Persönlichkeitspychologiezeug: Ich vertrete die Meinung dass die Theorie dahinter stimmt und man daraus bestimmte Vorhersagen ableiten kann und Muster erklären kann. Auf der anderen Seite suche ich aber selbst immer noch nach schlagkräftigen Beweisen dass das alles nicht stimmt. Wie zum Beispiel einen INxP mit herausragender Kinästhetischer Intelligenz. Die Theorie sagt dass es das für einen Ne-Si-Typen nicht gibt, das gehört zu dem "du kannst nicht alles haben" - Prinzip was dahinter steht.

So oder so, ich frage mich wirklich welches Problem die Welt (alle anderen Menschen) mit mir hat. Bei jedem Kontakt will man mir ans Leder oder versteht mich nicht. Neben den zwei erwähnten Interaktionen war das mein Bruder (Rennradzeitungsredakteur) der anscheinend nicht verstehen kann warum ich nicht mehr Rennrad fahre bzw. wenn ich doch Geld hätte mir keines mit allem Pi-Pa-Po kaufen würde. Ganz einfach: Einmal brauche ich immer einen entgegengesetzten Ausgleich, solange ich im Berufsleben am Schreibtisch saß war körperliche Beschäftigung gut. Macht man das aber am Tag, brauche ich am Abend eben was fürs Hirn. Und zum zweiten fehlt mir einfach die Perspektive. Man muss ja irgendwo herumfahren und ich bin schon systematisch alle Straßen in ca. 20 km Radius abgefahren, die Ortschaften noch weiter. Es bleibt also nur Wiederholung. Das kann man machen wenn man für einen Rennradurlaub trainiert, aber in den Alpen war ich ja auch schon praktisch überall, mit der Ausnahme des Piemont wo sich aber mit dem von mir erreichbaren Trainingsstand keine guten Touren fahren lassen - keine Übernachtungsmöglichkeiten in den Tälern.

Als ich heute dann nochmal eine Küche ausgeliefert habe, hatte ich tatsächlich eine Interaktion mit richtigen Menschen. Nur: gleiches Prinzip. Die waren dabei den Hof vor dem Haus mit dem Bagger zu bearbeiten und ich wollte abladen während sie gerade zur Frühstückspause in ihren Bauwagen gegangen sind. Ich sah da kein Problem, aber stattdessen musste ich mir Sachen anhören wie "das geht nicht, wir ziehen hier das Planum ab" (ja, aber noch nicht da wo ich hinfahren wollte), "das ist alles noch nicht verdichtet" (ja, aber fest genug um drüberzufahren) und so weiter. Mir war das ja klar dass ich nicht für den ganzen Tag da parken wollte, nur eben die halbe Stunde zum Abladen. In umgekehrter Situation habe ich immer kooperiert, für eine halbe Stunde kann man immer mal was anderes dazwischen schieben, aufräumen muss man immer. Oder man stellt seinen Zeitplan um und macht was anderes zuerst. Im Endeffekt war ich dann sogar fertig bevor sie ihre Pause beendet haben.

Nur: warum? Man liest schon mal dass angeblich so viele MBTI-Anhänger INTJ sein wollen. Mal abgesehen davon dass der Typ in den meisten Schemata als erster steht kann ich mir nicht vorstellen dass sich das freiwillig jemand antun will. Ich bin ein Mensch und brauche zumindest ein bescheidenes Maß an Interaktion mit anderen Menschen. Aber entweder habe ich bodenloses Pech und sitze an der übelstmöglichen Stelle oder es gibt einfach keine anderen Menschen die mich verstehen und mit denen man ordentlich reden kann. Ich habe genau einen INFP mit dem das geht und danach kommt nix. Das tut weh, ich will es ändern und egal was ich versuche, es klappt nicht. Und verstellen zählt ja nicht, es geht ja darum so sein zu dürfen wie man ist.

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