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Und ich habe es ja gesagt

Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es ja lustig. Wegen des drohenden Gas-Notstandes stürzt sich die öffentliche Diskussion auf "Frieren für den Frieden", Beheizung von Schwimmbädern, einen drohenden Kollaps der Industrie bis hin zu "Duschen nach Plan". Ich habe hier schon vor Jahren geschrieben dass die Energiewende eine Luftnummer ist. Ja, die Politiker haben sich gegenseitig auf die Schultern geklopft dass man schon die Hälfte des Stroms aus Erneuerbaren Energien produziert und man schon so viel geschafft hätte ... und ich habe es von Anfang an als die Augenwischerei enttarnt die es eigentlich ist: Strom macht eben nur einen kleinen Teil des Primärenergieverbrauchs in Deutschland aus. Und das bedeutet eben dass die Industrie viel Gas benutzt, die Haushalte heizen mit Gas oder Öl und der Verkehr läuft auch auf Ölbasis. Und erst jetzt scheint die Öffentlichkeit das langsam mal zu kapieren wenn das Gas plötzlich knapp wird.

Und selbst vor diesem Hintergrund hält Annalena Baerbock immer noch an der Abschaltung der letzten drei AKWs zum Jahresende fest, die alleine noch 6% des Stroms erzeugen, der dann ja auch noch irgendwie anders erzeugt werden muss. Jeder normale Mensch würde sich nicht noch ins Knie schießen wenn er gerade in der S***e steckt.

Und man muss schon sehr realitätsfremd sein wenn man meint das Problem sei einfach zu lösen, wenn alle auf Wärmepumpen und Elektroautos umstellen: Das ist Blödsinn, der Energieverbrauch bleibt unter dem Strich ja praktisch gleich. Eine Wärmepumpe nutzt zwar die Erdwärme, braucht dafür aber einen Teil Strom und bei dessen Erzeugung entstehen größere Verluste als wenn man direkt Wärme produziert. Elektroautos sind auch nicht "sauber" wenn der Strom dafür aus Braunkohle gewonnen wird. Und wie schwer das ist selbst ein bisschen Energie einzusparen sieht man ja jetzt in der öffentlichen Diskussion und damit ist ja klar dass die Energie ja immer irgendwo herkommen muss. Und für mich gibt es nach wie vor nur eine einzige Quelle die das mit einem vernünftigen Flächen- und Resourcenverbrauch kann.

Und diejenigen die jetzt fordern, die AKWs weiterlaufen zu lassen aber zu verstaatlichen damit die bisherigen Eigentümer sich keine goldene Nase mit verdienen haben wenigstens erkannt dass ein einmal abbezahltes AKW den Strom extrem billig produzieren kann. David Ruzic von der University of Illinois hat das wunderbar erklärt:

Das ist ein ganz klarer Fall von Kassandra-Syndrom: Man sieht die Zusammenhänge, erkennt mögliche Probleme lange bevor sie entstehen und kann nun rein gar nichts dagegen machen um das Zukunftsszenario was man erkennt zu verhindern. Die großen Probleme bei der Atomkraft waren immer die Entwicklungs- und Herstellungskosten sowie die langen Bauzeiten. Der Staat kann so etwas lächerlich einfach steuern indem er die Forschung von serienproduzierbaren Reaktoren fördert und günstige Kredite vergibt, deren Kosten er nachher über die Energiesteuern sowieso wieder hereinbekommt. Aber das erfordert eben frühzeitiges, langfristiges Denken was es aber eben nicht gibt.

Und das ist auch die geeignete Stelle um darauf hinzuweisen wieviel es ausmacht dass die richtigen Menschen an der richtigen Stelle sitzen. Eine der größten Nuklearkatastrophen war ja der Windscale-Brand 1957 als in dem luftgekühlten Reaktor für die britische Atombombenproduktion die Brennstäbe Feuer fingen. Während der Bauphase hat jemand über diesen Fall nachgedacht und der Projektleiter John Cockcroft hat darauf bestanden in den Abluftkaminen Luftfilter einzubauen. Natürlich wurde er dafür verspottet, die Filter mussten oben auf den Kaminen angebracht werden, sahen S**e aus, kosteten eine Menge Geld und verzögerten den Bau so dass man die Teile als "Cockcroft's Folly" bezeichnete und ihn damit verspottete. Nur als dann das Ding tatsächlich Feuer gefangen hat haben diese Filter 95% der Radioaktivität zurückgehalten ... der Unfall war so schon schlimm genug, andernfalls hätten wir Tschernobyl dreißig Jahre vorher gehabt. Der Reaktormanager Tom Tuohy der die verschiedenen Löschversuche geleitet hat ist übrigens auch ein gutes Beispiel über die Langzeitwirkung von Radioaktivität: Mehrfach ist der Mann selbst auf das Reaktorgebäude geklettert um an der Rückseite zu sehen ob die Löschversuche Erfolg hatten bzw. hat über die Inspektionsöffnungen den Brand inspiziert und dabei eine Menge Strahlung abbekommen. Er starb ... im Alter von 91 Jahren fünfzig Jahre später.

Ein anderes Beispiel ist die Nicht-Katastrophe im Kernkraftwerk Onagawa, die mal wieder völlig unbekannt ist. Dies lag noch näher am Epizentrum des Erdbebens als Fukushima und der Tsunami hatte die gleiche Höhe von etwa 14 Metern. Die Erschütterungen waren die stärksten die jemals ein Kernkraftwerk aushalten musste (567,5 Gal = über 0,5 g) und es gab nur geringfügige Schäden. Der Unterschied liegt wieder in den Menschen, da das Kraftwerk der Firma Tohoku gehört und nicht Tepco wie Fukushima. Dort hatte während der Bauzeit Yanosuke Hirai das Sagen und er hat eine solche Katastrophe vorausgesehen - es gab vor 1.000 Jahren schon einmal so hohe Tsunamis in Japan. Anders als in Fukushima wo man praktisch auf Meereshöhe gebaut hat, hat er das Kraftwerk auf einem 15 Meter hohen Sockel bauen lassen, er hat den Seewassereinlauf 10 Meter unter den Meeresspiegel legen lassen, Erdbeben-Schwingungsdämpfer verbaut und hat überhaupt alles getan um auf eine solche vorhersehbare Naturkatastrophe vorbereitet zu sein. Und seine Nachfolger wie Takao Watanabe haben seine Politik fortgesetzt, das Kraftwerk und die Belegschaft auf eine solche Katastrophe vorbereitet auch wenn die Maßnahmen eine Menge Geld gekostet haben. Am Ende konnte das Kraftwerk mit seinen intakten Gebäuden selbst noch die Lokalbevölkerung unterstützen.

Und nun zu etwas völlig anderem ... nachdem wir ja einen Krieg haben der immer mehr dem ersten Weltkrieg gleicht: Dort gab es das gleiche Prinzip auch schon. Johann von Bloch, polnisch-jüdischer Bankier hat schon am Ende des 19. Jahrhunderts, noch vor dem verbreiteten Einsatz der Maschinengewehre mit ein paar einfachen Abschätzungen festgestellt, dass schon die Mehrlader-Infanteriegewehre (wie das Gewehr 98) mit ihrem rauchschwachen Pulver und mit Ladestreifen von fünf Patronen einen Angreifer bei einem Sturmlauf über 200 Meter völlig aufreiben würden und man damit die bisherige Infanteriedoktrin komplett in die Tonne treten kann. Die Reaktion: "Als Zivilist versteht er nichts von der Sache".

Bei der Artillerie war es nicht besser. Der österreichische Artilleriehauptmann Mailath-Pokorny schrieb 1913:

Der damalige Kommandeur des 14. Feldkanonenregiments, Oberst Aust, war eifrig darauf bedacht, das Regiment den neuesten Kriegserfahrungen [aus dem russisch-japanischen Krieg] gemäß in der neuen Gefechtsweise zu schulen ... Verdeckter Anmarsch, verdeckte Feuerstellung, indirekter Schuß, Entsendung von Beobachtern nach vorne und seitwärts und dergleichen mehr. Er dachte, daß dies den Divisionskommandeur besonders interessieren würde ... Bei dem Divisionär kamen wir aber schlecht an: ... Das was Sie mir hier vorgeführt haben, interessiert mich überhaupt nicht. Das langweilige Herumkriechen, Ducken, Verstecken und der indirekte Schuß, das alles verstehe ich nicht und ist mir auch Wurst. Was ich sehen wollte, ist ein Regiment, das forsch und flott zeigt, wie man schneidig anfahren und schnell losfeuern kann. Als der Oberst darauf hinwies, daß die Übung zeigen wollte, wie die Artillerie nun aufgrund der Kriegserfahrungen des russisch-japanischen Krieges arbeitete, unterbrach ihn den General zornig, er möge mit dem Firlefanz aufhören, der ihn langweile. Wenn dem Regiment daran liege, sich bei ihm ein gutes Bild einzulegen, dann sei er bereit, in sechs Wochen zu kommen. Dann möge man ihm aber zeigen, was er zu sehen wünsche, nicht aber das, was man in der Gegenwart von Thesen höre, deren Richtigkeit er anzweifle. Der Oberst war mit Recht verärgert. Aber er war ein weiser Mann, der begriff daß er die Denkungsweise des Generals nicht ändern könne und ... meldete ihm, nach einer Woche bereits, das Regiment brenne darauf zu zeigen, was es könne ... Die Geschützzüge rasten im Galopp über die Heide ... In der Linie war kaum abgeprotzt, als die Kanonade bereits losging und ein Schnellfeuer einsetzte, das alles andere als gezielt und geleitet werden konnte. ... Militärisch war das eine Farce gewesen. Aber der General war zufrieden, sogar voll des Lobes für das Regiment und das schneidige Offizierskorps ... Also hatte man ... knapp vor dem Weltkrieg mit der Artillerie einen Einsatz aufgeführt als hätte ein russisch-japanischer Krieg nicht stattgefunden und man befände sich im Jahre 1866. Wir hielten den Divisionär für schwer angeschlagen, waren über seine Ignoranz empört und waren überzeugt dass er nach dieser skandalösen Zirkusvorstellung bald verabschiedet werden würde. Wir täuschten uns. Er avancierte zum kommandierenden General in Budapest.

Noch Fragen? Ich glaube dass sich nahezu alle Probleme auf die Persönlichkeitstypen, ihre Verteilung in der Bevölkerung und auf den verantwortlichen Positionen zurückführen lassen. Es gab immer Menschen die schon Lösungen für Probleme hatten lange bevor diese Probleme überhaupt in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen sind. Auf der anderen Seite ist es leider fast immer so, dass man diese Menschen ignoriert, kleinredet, verspottet und niedermacht. Selbst wenn diese Menschen die Macht hätten Dinge zu verändern würde sich direkt dagegen Widerstand erheben und man nimmt ihnen die Macht direkt wieder weg - genau wie das jetzt Mario Draghi in Italien geht. Und deshalb ist es unweigerlich so das ständig irgendwelcher unnötiger Mist passiert den man leicht hätte vermeiden können.

Und noch eine finale Beobachtung: Die S-Typen sind den N-Typen ja mindestens 2:1 überlegen, wahrscheinlich sogar mehr. Und ein Kernaspekt dabei ist wie die Persönlichkeiten zu "Neuerungen" stehen. S-Typen halten sich an das was erwiesenermaßen funktioniert und sehen oft auch nicht den Sinn in Veränderung. Auf der anderen Seite sind N-Typen viel eher bereit etwas auszuprobieren - auch mit der Gefahr des Scheiterns - solange es zumindest eine Chance gibt dass dabei eine Verbesserung herausspringt. Mir fällt spontan Otto Lilienthal ein. Seine Zeitgenossen waren der Meinung: "Wenn Gott gewollt hätte dass Menschen fliegen dann hätte er ihnen Flügel gegeben". Er hat den Vogelflug beobachtet und war der Meinung dass der Mensch das eben auch hinbekommen kann, zuerst mit Laborexperimenten, dann mit dem Bau eines manntragenden Gleiters. Und heute bringt der Mensch Fluggeräte mit über 500 Tonnen Gewicht in die Luft - aber eben nur weil jemand erkannt hat das "das gehen muss".

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