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Halbwertszeit von Wissen

Gezwungenermaßen muss ich mich ja jetzt seit einem halben Jahr als Küchenmonteur beweisen. Da ich aber ein recht ausgeprägtes Extroverted Sensing (Se) habe, was für alle Arten von direkter Interaktion mit der Umgebung verantwortlich ist, macht das schließlich auch Spaß. Außerdem stimuliert das das natürliche "get Things done"-Bedürfnis was INTJs einfach haben und ich kann den Prozess nach Herzenslust optimieren. Sich und sein Material immer gründlich vorzubereiten ist auch ein positiver Punkt und die ständige Neugier zu befriedigen wie Sachen eigentlich funktionieren und für was welches Werkzeug gut ist auch noch. Ein bisschen Probleme habe ich mit meinem Perfektionismus weil man nicht alles so perfekt hinbekommt wie man es gerne hätte, aber mit etwas Zähneknirschen kann man damit auch noch leben.

Wenn man ein neues Tätigkeitsfeld erschließt besteht der Lernprozess ja darin, mit allen möglichen Situationen konfrontiert zu werden und dafür eine Lösung zu finden. Und wenn man nicht die optimale Lösung finden konnte, dann überlegt man sich etwas für den Fall, dass so etwas nochmal vorkommt. Für die alltäglichen Sachen hat man so schon nach ein paar Wochen einen Lösungsbaukasten, für die selteneren Sachen dauert das etwas länger.

Mit anderen Worten: man lernt ständig etwas neues hinzu und wie ich schon über das Wesen von Introverted Intutution (Ni) geschrieben habe: es wird alles bewusst oder unterbewusst abgelegt und bei Bedarf entweder bewusst abgerufen oder taucht unbewusst als Lösungsidee auf. Man kennt den Begriff ja hauptsächlich vom radioaktiven Zerfall, aber die Halbwertszeit des Wissens was ich in mich aufsauge muss schon ziemlich lang sein, mindestens im Bereich von Jahrzehnten. Sicher nicht sämtliche Details, dafür schreibe ich mir ja Anleitungen wie Video-Bitraten und ähnliches auf Merkzettel, aber Lösungswege und großräumige Zusammenhänge schon. Meinem Vater konnte ich gerade einen wichtigen Hinweis für eine Situation geben, die vor etwa 25 Jahren so schon mal vorgekommen ist und ich konnte mich sogar noch an den Wortlaut des Gesprächs von damals erinnern!

Nur stellt sich mir jetzt die Frage: Ist das ein Aspekt der Intelligenz oder des Persönlichkeitstyps oder von beidem? Bei meinen beiden Monteuren muss ich zu meinem Erschrecken feststellen, dass die Halbwertszeit im Bereich von ein paar Wochen liegt und das bei dem was man tagtäglich macht! Da zeigt man jemandem etwas (und ich erinnere mich noch genau an die Situation), der andere findet die Lösung sogar "krass", aber ein paar Wochen später ist das wieder völlig weg und wird auf Nachfrage sogar bestritten dass es schon mal gezeigt wurde.

Wenn man das so betrachtet, dann ist diese kurze Halbwertszeit von Wissen mit einer der Hauptgründe zwischen guten und schlechten Leistungen im Beruf, vor allem wenn die Tätigkeit nicht sehr repetiv ist. Solange sich die Anforderungen innerhalb der Halbwertszeit wiederholen dann gelingt es sich an die richtige Lösung zu erinnern und diese abzurufen. Taucht eine Situation auf die schon etwas länger her ist, ist die Person genauso dumm wie beim letzten Mal. Im Gegensatz dazu wird jemand mit einem Elefantengedächtnis über die Zeit immer perfekter weil irgendwann praktisch jede Situation schon einmal so oder so ähnlich vorgekommen ist und die Lösung auf Abruf bereitsteht.

Und damit ist ein limitierender Faktor für die beruflichen Leistungen in der Persönlichkeit zementiert, denn ein gutes Gedächtnis kann man ja nicht lernen sondern ist wohl wie die Intelligenz genetisch bedingt. Sprich: Ich muss die Hoffnung begraben dass meine Leute besser werden, für alles was sie neu lernen wird etwas früheres vergessen. Und damit ist auch klar, dass ich mich ständig wiederkehrend mit den gleichen Fehlleistungen herumschlagen muss. Eigentlich müsste das für die betreffenden Personen ja sehr deprimierend sein, ständig mit ihrer eigenen Unzulänglichkeit konfrontiert zu werden. Da kommt dann aber der zweite Teil ins Spiel der dann auch irgendwie damit zusammenhängt: Wenn man auch noch entsprechend weniger aufmerksam und sorgfältig ist, dann merkt man das gar nicht wie blöd man eigentlich ist, man macht den Murks in völliger Überzeugung.

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