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Constant Improvement vs. Constant Denial

Man kann so alt werden wie man will, man lernt ständig neue Dinge - oder sollte es tun. Das gilt bei diesem Thema gleich in zweierlei Hinsicht, da ich gelernt habe, dass es da auch wieder zwei gegensätzliche menschliche Verhaltensweisen gibt. Da ich wegen meiner Montagekrise jetzt schon seit sechs Wochen selbst mit montieren fahre hatte ich sehr viele Gelegenheiten dazuzulernen.

Jeder Mensch macht Fehler, das ist völlig normal und auch nicht vermeidbar. Was aber überraschenderweise sehr unterschiedlich ist ist die Tatsache wie man mit diesen Fehlern umgeht.

zu kurz geschnittene Griffleiste
zu kurz ist zu kurz ...

Wie der Titel sagt, sind mir hier zwei gegensätzliche Strategien aufgefallen, wenn man mal davon ausgeht, dass ein objektiver, nicht wegzudiskutierender Fehler vorliegt. Ich gehöre zur Fraktion des Constant Improvement, auf Deutsch: ständige Verbesserung. Wenn ich einen Fehler mache, dann analysiere ich diesen und überlege mir, was ich verbessern kann damit so ein Fehler in Zukunft nicht mehr vorkommt. Zum Beispiel musste ich heute lernen, dass es eine schlechte Idee ist, eine Ausklinkung mit der Stichsäge um 3 mm nachzuschneiden: Das Blatt greift dann nicht richtig und ich bin abgerutscht. Vor zwei Tagen war es die Tatsache, dass man bei so einer Ausklinkung auf der "guten" Seite anzeichnen muss und die Säge verkehrtherum führen muss, da sonst das Blatt auswandert und man nicht genau sägen kann. Es können solche Kleinigkeiten sein, aber jeder Fehler hat eine Ursache und wenn man sich Gedanken macht findet sich auch immer eine Lösung wie man das Problem entweder lösen oder vermeiden kann. Im Fall des Nachschneidens: Geht mit einer Japansäge per Hand prima.

Wenn man diese ständige Verbesserung als Lebensstil hat ergibt sich damit automatisch, dass durch eine entsprechende Berufserfahrung schon nach relativ kurzer Zeit alle gängig vorstellbaren Fehler abgestellt sind. Irgendwann gehen einem die Fehler aus, vor allem da bei der Küchenmontage vieles nach einem bestimmten, sich wiederholenden Schema abläuft. Nach sechs Wochen und damit etwa 20 Küchen in meiner Montagekarriere dürfte ich das Meiste jetzt durch haben. Wobei es ja noch zwei verschiedene Arten von Fehlern gibt: die einen passieren wenn man etwas versucht was nicht funktioniert und schiefläuft, die anderen sind auf mangelnde Sorgfalt zurückzuführen wie zum Beispiel wenn man statt einer Dreier- nur eine Zweiersteckdose in die Rückwand einbohrt (Ähemm...).

Aus diesem Grund ist auch mein Verhalten als Chef folgerichtig: Ich sage, dass jeder einen Fehler machen darf und rege mich darüber auch nicht auf. Nur darf man den gleichen Fehler nicht zweimal machen, dann werde ich ungemütlich. Okay, bei nochmaligem Nachdenken fällt mir gerade ein, dass ich heute zum zweitenmal beim Fertigschneiden der Arbeitsplatte mit der Stichsäge den Bock getroffen habe. Andererseits habe ich jetzt kürzere Blätter drin, deshalb ist die Säge dabei nicht herausgesprungen, zählt das?

Leider gibt es auch eine grundsätzlich gegensätzliche Herangehensweise, hier Constant Denial, also stete Ablehnung auf Deutsch. Darauf bin ich jetzt auch schon mehrfach gestoßen. Mein neuer Mann ist jetzt vier Wochen dabei und hat schon eine schöne Sammlung an verschnittenen Teilen auf dem Kerbholz. Bei der ersten Arbeitsplatte habe ich - siehe oben - gesagt dass das ja jedem Monteur schon einmal passiert ist (mir ja auch). Es blieb aber nicht bei der einen Platte, sondern es sind schon zwei und bei der dritten habe ich gerade noch rechtzeitig STOPP gerufen. Noch besser bei der zu kurz geschnittenen Griffleiste (siehe Artikelbild): Darauf angesprochen beharrte er darauf, richtig gemessen zu haben, wobei das ziemlich fragwürdig ist, man beachte die durchgestrichene noch kürzere angezeichnete Linie. Zu kurz ist halt zu kurz, das lässt sich nicht wegdiskutieren. Problematisch ist dabei: Wenn man nicht akzeptiert einen Fehler gemacht zu haben, dann gibt es auch keine Veranlassung sein Verhalten so zu ändern dass sich die Fehler nicht wiederholen. Und genau das passiert ja: die gleichen Fehler werden wieder und wieder gemacht und dass es dann dicke Luft auf der Baustelle gibt ist nachvollziehbar.

Witzigerweise bin ich dann nicht mal unbedingt derjenige der sich öffentlich aufregt. Dafür bin ich schon viel zu lange im Verkauf tätig beziehungsweise in der Geschäftsleitung und kann mich beherrschen, weitestgehend jedenfalls. Bei der versägten Arbeitsplatte Nummer zwei bin ich vor die Türe gegangen und habe für mich alleine rumgebrüllt, gegen Sachen getreten (Sicherheitsschuhe sind cool dafür!) und mich über Idiotie aufgeregt. Mein im Moment dienstältester Monteur ist da nicht so beherrscht und ich kann es ihm auch nicht übelnehmen wenn er sich für den Gesamterfolg verantwortlich fühlt.

Dazu passt auch das aktuelle Geschehen in den USA: Donald Trump ist auch genau so ein Fall - dass seine Politik dazu geführt hat dass er die Wahl aus eigenem Verschulden verloren hat ist für ihn nicht vorstellbar. Oder dass die Briefwähler hauptsächlich für Biden gestimmt haben - weil Trump ja seine Wähler vor der Post gewarnt hat.

Und leider habe ich die Sorte Mensch auch im Verkauf. Die meisten Menschen sind ja auch nicht in der Lage, konstruktive Kritik zu äußern. Wenn etwas schlecht funktioniert, dann nehmen sie das oft einfach als gegeben hin. Ich hingegen ärgere mich genauso wie mit den Fehlern nur einmal mit etwas herum, beim nächsten Mal ist das abgestellt. Und deshalb konfrontiere ich eben meinen Verkäufer mit seinen suboptimalen Lösungen. Aber genausowenig wie Menschen keine konstruktive Kritik äußern können, können Sie sie noch weniger akzeptieren. Anstelle dass da in Betracht gezogen wird das in Zukunft anders zu machen kommen dann solche Entgegnungen wie: "das hat jahrelang so funktioniert und jetzt auf einmal ist das ein Problem!" Wenn jahrelang Murks gemacht wird, wird es davon aber schon lange nicht richtig und ich war ja derjenige der sich dann mit den Reklamationen und offenstehen Restbeträgen herumärgern musste. Genauso wie bei einer Nischenverkleidung die Breite der Endkappen des Grundprofils vergessen wurden: "warum hast Du das Profil dann nicht weggelassen?" Davon wird es ja nicht richtig. Wenn auf der einen Seite ein Grundprofil ist und das wegen der Höhe auch gebraucht wird, dann könnte man das auf der anderen Seite zwar prinzipiell weglassen, aber so was verstößt gegen mein Gefühl von "richtig". Dann gehe ich lieber hin und schneide das Brett ab und mache in der Werkstatt eine neue Kante dran. Oder nachdem man ein Abluftrohr eingeplant hat was nicht in den Kamin der Abzugshaube passt: "Mit dem alten System wäre das aber gegangen!" - was soll so ein Satz? Er hat das neue mitgegeben, das alte haben wir schon seit vielen Jahren nicht mehr und es passt halt nicht. Und ich habe ihn von der Baustelle aus angerufen und gefragt was ich machen soll und da hieß es: "weitermontieren, Kamin wird geändert". Hätte er gesagt "wir tauschen das Rohr gegen ein anderes" dann, aber nur dann muss man schauen ob es etwas gibt was dann passt.

Ich glaube das Problem ist erkennbar: Viele Menschen haben einfach ein Problem damit Fehler zuzugeben und damit verlieren sie auch die Möglichkeit sich zu verbessern und diese Fehler abzustellen. Nur was macht man dann als Chef mit einem solchen Mitarbeiter? Ändern wird er sich nicht und tragbar ist er so auch nicht. Da bleibt dann nur noch eine Konsequenz ... die aber das ursächliche Problem dann auch nicht löst.

Und noch ein Beispiel, weil man unsereiner ja nachsagt dass wir auch keine Fehler zugeben würden. Die letzte Diskussion in der Richtung drehte sich darum dass ich meinen Servicewagen nicht waschen würde und er deshalb dreckig sei. Und ja, ich stehe auch dazu und beharre auf meiner Meinung. Weil eben bei den derzeitigen Wetter- und Straßenverhältnissen eine Wagenwäsche nur ein paar Tage als solche erkennbar ist und mir dafür der Zeit- und Kostenaufwand zu schade ist. Es gibt wichtigeres. Ab dem Frühjahr ist das was anderes, da hält das länger. Aber bei Schietwetter und Erde von der Maisernte auf den Straßen rentiert sich das wirklich nicht und ich glaube da darf man bei seiner Meinung bleiben weil es da keinen Fehler zuzugeben gibt.

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INTJBlog.de am : Ingenieurskunst

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Ich hatte es im Artikel Constant Improvement schon angesprochen: Wenn ich mich einmal mit etwas herumgeärgert habe, dann versuche ich das so zu verbessern dass es bei dem einen Mal bleibt. Und weil das jetzt so schön funktioniert hat und es wohl auch Teil

Kommentare

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Christine Schmitt am :

Heisst das, du brauchst einen neuen Monteur?

LG Christine

Stephan Brunker am :

Tja, ich weiß es noch nicht. Die Leistung auf der Baustelle entspricht jedenfalls nicht dem was er im Vorstellungsgespräch vermittelt hat und was auch in der Stellenanzeige stand: "erfahrener Monteur als Leiter der Montage". Und damit passt auch der Lohn nicht zur Leistung. Und es gibt ein organisatorisches Problem, denn es braucht zwei verlässliche Monteure gerade in den ersten Stunden: Einer richtet die Schränke aus, der andere schneidet die Arbeitsplatten. Und wenn es kompliziert wird weil die Arbeitsplatten in die Fensternischen eingepasst werden müssen und die Wände schief und krumm sind dann bekommt es außer mir keiner hin weil es am räumlichen Vorstellungsvermögen mangelt.

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